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Die zukünftige Lieblingsfrau

Michalis Pantelouris wurde 2017 mit einer Kolumne im SZ-Magazin als Junggeselle mit gebrochenem Herzen bekannt. Kurz darauf folgte der autobiografische Roman Liebe zukünftige Lieblingsfrau. Er gewährt einen bewegenden Einblick in die Entstehungsgeschichte.

Eine Rezension von Jeanne Wellnitz

Eigentlich sollte es ein klassisches Interviewgespräch werden. Der Journalist Michalis Pantelouris sitzt dem Hollywood-Schauspieler Jake Gyllenhaal gegenüber. Doch die dreißig Minuten werden zu eine Art Therapiegespräch. Denn Pantelouris hat Schmerzen. Er befindet sich mitten im stummen Vakuum einer Trennung. Nach zehn gemeinsamen Ehejahren hat ihn seine Frau verlassen. Nun lebt er allein in der gemeinsamen Hamburger Wohnung und sieht seine beiden Töchter jede zweite Woche.

 

Pantelouris schreibt seit mehr als 20 Jahren Kolumnen für GQ, Geo, Emotion oder das SZ-Magazin. Die GQ-Redaktion schickt ihn zu Terminen, die möglichst weit weg von Hamburg sind. Er soll Abstand gewinnen. So erzählt er also im Jahr 2016 Jake Gyllenhaal von seinem Kummer. Der Schauspieler erwidert daraufhin etwas, das ihm fortan Mantra sein wird: „Du kannst nicht herumlaufen wie eine offene Wunde. Du musst wissen, wie du dich verteidigst.“ Auf dem Rückflug kommt dem gebeutelten Journalisten dann ein tröstlicher Gedanke: Die Frau, die er einmal lieben wird, existiert bereits. Er muss sich nur auf den Weg machen, sie zu finden. „Liebe zukünftige Lieblingsfrau“, kritzelt er ins Notizbuch.

 

Mehrstufige Impotenz

 

Pantelouris weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ihm wenig später genau diese Idee deutschlandweit bekannt machen wird. Oder dass er mit Fanpost und Liebesbriefen überschüttet wird. Doch so weit ist es noch nicht. Er muss erst durch die dunklen Gefilde einer Schreibblockade. In einem Podcast nennt er den Umstand des Verlassenwerdens „mehrstufige Impotenz“. Ein ist ein Mann mit gebrochenem Herzen, der – wie er es formuliert – nur Schrott schreibt, unehrlich, pseudolustig, unlesbar.

 

Eines Tages bittet ihm der Chefredakteur des SZ-Magazins, Michael Ebert, zum Gespräch. Pantelouris rechnet mit einer Standpauke, schließlich hat er wochenlang nicht geliefert. Stattdessen bietet Ebert ihm an, eine wöchentliche Kolumne über seinen neuen Lebensabschnitt zu schreiben: Eine Singlekolumne.

 

Am 28. Dezember 2016 erscheint die erste Folge aus der Serie Liebe Lieblingsfrau:

 

Liebe zukünftige Lieblingsfrau,

ich werde so wahnsinnig müde, wenn ich daran denke, dass ich mich nochmal komplett erklären muss. Alles von vorne: Wer ich bin und wo ich herkomme, mein Verhältnis zu meinen Eltern und Schwestern und warum ich mit über 40 immer noch keine eigene Frisur habe, sondern einfach immer die benutze, die meine Friseurin mir gerade mitgibt. Deshalb dachte ich, jetzt mache ich es einmal so: Ich schreibe mit, dann muss ich es dir nur zeigen, wenn du irgendwann auftauchst. Oder falls ich dich irgendwann angucke und feststelle, dass du längst da bist. (…)

 

Die Auftaktkolumne wird ein voller Erfolg. Michael Ebert macht den Verleger Peter Haag auf den nun berühmt gewordenen Junggesellen aufmerksam. Und so erscheint im Oktober 2017 der autobiografische Roman Liebe zukünftige Lieblingsfrau. Auf rund 200 Seiten erzählt Pantelouris die Geschichte hinter den mittlerweile 30 publizierten Kolumnen.

 

Romantick?

 

Auf Zeit Online erscheint wenig später eine bissige Rezension unter dem Titel „Romantick“, die dem Journalisten Kitsch vorwirft, und seine „,Die Richtige wird kommen‘-Wolke“ als Projektion etikettiert. Ja, Pantelouris schreibt mit Pathos. Aber das ist genau das, was diese Erzählungen so wahrhaftig, amüsant, berührend und liebenswürdig macht.

 

Am Ende haben ihm die Kolumnen aus dem Vakuum geholfen und unzähligen Leserinnen und Fans Mut gemacht. Ob er seiner Lieblingsfrau mittlerweile begegnet ist? Auf Nachfrage verrät der heute 48-Jährige: „Ja, ich habe sie tatsächlich gefunden. Und es ist ganz anders schön, als ich es mir vorgestellt hatte.“

 

Michalis Pantelouris Liebe zukünftige Lieblingsfrau

Kein & Aber

208 Seiten, 20 Euro

Als Taschenbuch bei Heyne, 10,99 Euro

Die Kolumne wurde zuerst im Büchermagazin (03_2022) veröffentlicht.


Michlis Pantelouris (c) Stefanie Pfaender
Michlis Pantelouris (c) Stefanie Pfaender

 

Der Journalist, Kolumnist und Autor Michalis Pantelouris, Jahrgang 1974, lebt in Hamburg und war bis August 2021 stellvertretender Chief Creative Director für das Magazin GQ. Aktuell ist er Kreativer Berater bei der ProSieben-Sendung Zervakis & Opdenhövel Live. Nach vier Fachbüchern ist Liebe zukünftige Lieblingsfrau sein erster autobiografischer Roman.

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