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Der Sommer und der Tod

Wenn Benedict Wells einen neuen Roman im Kopf hat, spaziert er gern kaffeetrinkend durch die Stadt und hört Musik aus der Zeit, in der die Handlung spielen wird. Musik und Erzählen leben bei dem 37-jährigen Deutsch-Schweizer in zärtlicher Vereinigung, wie viele aus seinem größten Erfolg Vom Ende der Einsamkeit wissen.

 

Für seinen fünften Roman Hard Land hatte Wells einen Soundtrack aus den Achtzigern auf den Ohren – U2, Bruce Springsteen, REM, Billy Idol –, und bereiste Amerika. Heraus kam dabei eine allusive Coming of Age Novel mit dem schüchternen Sam als Protagonisten.

 

Man ächzt mit dem Teenager unter dem Gewicht der Scham, wenn die Mutter ihm in Gegenwart seiner neuen Clique sagt: „Ich freue mich so, dass Sam Freunde gefunden hat“; spürt die ziehende Ungeduld, dass doch nun endlich etwas ganz Großes passieren müsste. Schließlich hat Sam, der in einem amerikanischen Kaff groß wird, sie getroffen: Kirstie. Doch an dem Tag, an dem er am glücklichsten ist, stirbt seine Mutter.

 

Und so kämpfen wir uns mit ihm durch dieses Chaos aus Trauer, Wut, Hoffnung und Liebe und erleben beim Umblättern der letzten Seite einen ganz eigenen kleinen Verlust. Schließlich hatte man doch irgendwie absurderweise gehofft, dieser Roman würde, wie die Jugend, nie enden.

 

Sam erzählt von dem Sommer, in dem er sich verliebte und seine Mutter starb. Dieser Roman schmerzt und heilt gleichermaßen.

 

Benedict Wells Hard Land

Diogenes

352 Seiten, 24 Euro

Erschienen im Februar 2021

Die Rezension wurde zuerst im Büchermagazin (3_2021) veröffentlicht.