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Das Stigma der Arbeitslosen

 Anna Mayr widmet ihren Essay Die Elenden den Menschen in Deutschland, die aus dem Raster unserer Leistungsgesellschaft fallen: Arbeitslose. Sie sind Faulpelze, Nichtsnutze, Schmarotzerinnen, oder? Die 27-jährige Journalistin möchte mit diesen gängigen Urteilen über Menschen, die nicht arbeiten, brechen. Sie ist selbst Tochter zweier Langzeitarbeitsloser und hat eine Wutrede über das gesamte Sozialsystem geschrieben, das die Elenden der Gesellschaft sanktioniert und demütigt.

 

Mayr hat zwar konkrete Vorschläge, dennoch ist ihre Argumentation wenig facettenreich und sie büßt durch ungenaue Zahlen Vertrauen ein. In dem Essay steckt eine hohe Dichte an wichtigen Informationen, trotzdem entsteht durch die Lektüre kein starkes Bild arbeitsloser Menschen, das als Korrektiv zum Stigma funktioniert.

 

Zentrales wird in dem Text nur angerissen: Welches sind die vielfältigen Gründe für Arbeitslosigkeit? Sie erklärt kaum strukturelle, regionale, saisonale, psychische oder gesundheitliche Ursachen. Was sind Wünsche und Nöte armer Menschen? Wie würde ein glückliches Leben ohne Arbeit ihrer Meinung nach aussehen? Dennoch leistet das Buch etwas Wichtiges: Es zettelt eine Diskussion über die Menschen an, deren Nöte viel zu häufig in Vergessenheit geraten.

 

Anna Mayr möchte Arbeitslosigkeit entstigmatisieren. Ihre Argumente sind diskussionswürdig, jedoch manchmal auch undifferenziert.

 

Anna Mayr Die Elenden. Warum unsere Gesellschaft Arbeitslose verachtet und sie dennoch braucht

Hanser

208 Seiten, 20 Euro

Erschienen im Januar 2021

Die Rezension wurde zuerst im Büchermagazin (1_2021) veröffentlicht.