· 

Im Uncanny Valley

Uncanny Valley, unheimliches Tal, heißt das autobiografische US-Debüt der 33-jährigen Autorin Anna Wiener im Original. Der deutsche Titel Code kaputt nimmt seiner englischen Entsprechung etwas Wertvolles. Nämlich die ungreifbare Beklemmung, die die Tech-Culture des Silicon Valley in vielen von uns auszulösen vermag.

 

Wiener begibt sich tief in dieses Ökosystem, um ihrer perspektivlosen Assistentinnenstelle in einer Literaturagentur zu entfliehen. Sie heuert bei einem Start-up für E-Books an und fühlt sich wichtig, schlingert jedoch zwischen den diffusen Anforderungen ihres Jobprofils umher, bis sie versteht, dass die Tech-Branche einer ihr fremden Strategie folgt: Engagierte Menschen erschaffen ihre Jobs darin selbst und lassen sie unverzichtbar erscheinen.

 

Wiener wird  hinauskomplementiert, geht zu einem Analyse-Start-up und verdient im Customer Support eine Menge Geld. Sie windet sich in der friktionslosen, optimierten, männerdominierten Welt, der sie nun irgendwie angehört, die jedoch nicht zu ihr passen will. Allmählich wird ihr die Kostbarkeit von Ineffizienz klar, sie liebt es, nasse Kräuter zu entwirren oder stoned durch Museen zu mäandern. Anna Wieners Blick auf diese Phase ihres Lebens ist äußerst präzise, der Ton lakonisch. Sie bewertet nicht, sie denkt nach. Obwohl in diesem Debüt wenig passiert, ist es ein absoluter Pageturner.

 

Memoiren einer Tech-Autorin über ihre Zeit im Silicon-Valley-Ökosystem, von dem sie mit dem Abstand und trockenem Humor einer Aussteigerin berichtet.

 

Anna Wiener Code Kaputt. Macht und Dekadenz im Silicon Valley

Übersetzt von Cornelia Röser

Droemer HC

320 Seiten, 18 Euro

Erschienen im August 2020

Die Rezension wurde zuerst im Büchermagazin (6_2020) veröffentlicht.